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Leseprobe Kirmes 2023
Sieben Stunden hatte er fest und traumlos geschlafen, als ihn sein Weib sanft an der Schulter schüttelte. Er gähnte herzhaft. Sie schaute ihn liebevoll an. "Schscht - die Kleinen schlafen. Weck sie nicht auf." Er erhob sich vom Strohlager, das er mit seiner Frau Elsbeth, seinem fast einjährigem Sohn Berthold und der dreijährigen Anna teilte. Er kroch verschlafen unter der kratzigen Decke hervor. Um diese frühe Tageszeit war es noch bitterkalt in der behaglich eingerichteten Kammer, die von zwei Kerzen beleuchtet war. Woher wussten Frauen immer, wann die Nacht zu Ende war? Das Vieh stand nebenan und durch die geöffnete, grobe Holztür drang etwas Stallwärme herein. Auf dem Tisch lag ein Rucksack bereit, dem man regelmäßigen Gebrauch ansah. Derb, mit stabilen Lederkanten und breiten, fest vernähten Riemen und Seitentaschen ideal für eine Wanderung. Schon am Abend hatten sie in Vorbereitung für die geplante Reise zwei Laibe Brot, Speck, Wurst, Zündhölzer hineingepackt. Wimar streifte sich die dicken, neu gestrickten Socken über die Füße und stieg in seine Stiefel, die bis über die Waden reichten. Ein Geschenk der Nachbarn und frommen Bürger des Kirchspiels an der Agger, in dem sich schon sein Urgroßvater niedergelassen hatte. Er schnallte sich seinen Gürtel um, an dem ein großes Jagdmesser befestigt war. Er stand etwas unschlüssig im Raum, zog sich dann aber die dicke Schafwolljacke an und schnallte sich den Rucksack auf den Buckel. Den Abschluss seiner Montur bildete der weite Kapuzenmantel aus Filz. Handschuhe steckten im Rucksack. Seine Frau, die er sehr liebte und die ihm bei vier Geburten im wehen Kindbett unter gotterbärmlichem Schreien zwei Kinder geschenkt hatte, stand vor ihm und blickte ihn traurig an. Sie war als Findelkind in das Leben der Bürger des Ortes gekommen. Tuppek, der Einsiedler aus dem nahen Walbusch hatte das Neugeborene eines morgens vor 18 Lenzen auf der Schwelle seiner Waldhütte gefunden und ein paar Tage mit der Milch seiner einzigen Ziege durchgefüttert, bis er sie dann ins Dorf trug und der Frau des Schulzen in die Arme drückte. Dass sich das Gör zu einer respektablen jungen Frau entwickeln würde, hatte niemand auf dem Plan und schon gar nicht, dass ausgerechnet der junge Schümerich sich gegen die guten Partien aus der Gemeinschaft entschied und die junge Waise heiratete. Wie es weitergeht, erfahrt ihr im Buch.
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